Krieg in der Ukraine – Wie geht es den Österreicher:innen?

TQS Research & Consulting verfolgt in quartalsweisen Erhebungen die Entwicklung der Stimmung und das Verhaltens der Österreicher:innen während der Corona-Pandemie. COVID19 ist noch nicht vorbei, da gibt es erste Ergebnisse zu den Auswirkungen der nächsten Krise bei den Menschen – Der Krieg in der Ukraine. In manchen Punkten sehen wir eine neuerliche starke Betroffenheit, die Corona nahezu verdrängt.

Die Österreicher:innen haben zwar Angst, fühlen sich jedoch sicher!

Hohe emotionale Betroffenheit: Drei Viertel der Österreicher:innen (74 %) sind emotional eher oder sehr negativ betroffen von den Kriegshandlungen in der Ukraine. Im Februar lag die negative Betroffenheit in Bezug auf Corona vergleichsweise bei 55 %, 19 % sahen sich gar nicht mehr betroffen.

Die Österreicher:innen sind traurig, besorgt, bestürzt, fühlen mit der Ukraine mit und haben Angst. Hinsichtlich der Reaktionen auf den Krieg in der Ukraine fühlen sich die Befragten häufiger ängstlich, niedergeschlagen und traurig, können sich jedoch beruhigen und sind nicht in Panik.

Starker Informationsbedarf und Medienkonsum: Diese Ängste führen dazu, dass sich ein Fünftel der Österreicher:innen zumindest stündlich oder sogar häufiger über die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine informiert und weitere 48 % mehrmals am Tag. Manche versuchen auch ganz bewusst keine Nachrichten zu konsumieren.

Ukraine-Krise schlägt Gesundheitskrise: Im Vergleich zur Befragung in der zweiten Februarwoche 2022 ist der Informationsbedarf wieder deutlich gestiegen. Während sich 27 % mindestens mehrmals am Tag über Corona informiert haben, tun dies nun 68 % der Österreicher:innen über die Situation in der Ukraine.

Das Vertrauen in die mediale Berichterstattung ist nun wieder angestiegen. 64 % vertrauen den Medien in Bezug auf die Berichterstattung und den Recherchen der Journalist:innen zur Ukraine während dies im Februar 52 % bei der Berichterstattung zur Corona-Krise angaben. Bei 30 % der Befragten ist das Vertrauen in die Medien eher bis sehr gering, 6 % machen dazu keine Angabe.

Wirtschaftliche Einbußen – zur Gesundheitskrise kommen nun auch die Teuerungen als Folge des Krieges und der Sanktionen:  39 % der Österreicher:innen haben laut eigener Aussage seit der Pandemie etwas weniger oder viele weniger finanzielle Mittel zur Verfügung. Im Vergleich zum September 2021 entspricht dies einem Plus von 9 Prozentpunkten und dem zweitschlechtesten Wert in insgesamt 8 Erhebungen (schlechtester Wert: Februar 2021, 41 %).

Weitere Verschlechterungen werden durch den Krieg in der Ukraine erwartet: Mehr als jede:r Vierte (27 %) in Österreich schätzt das Risiko der Gefährdung der eigenen derzeitigen wirtschaftlichen Situation durch die aktuellen Kriegshandlungen als eher bis sehr hoch ein, 44 % als eher gering, 21 % als sehr gering und 8 % machen dazu keine Angabe.

Österreicher:innen sind realistisch und rechnen bereits mit den wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die Haushalte:  Mit Preissteigerungen bei Energie rechnen 77 % der Österreicher:innen, 70 % mit steigenden Kosten für Treibstoff bzw. Mobilität. Jede:r Zweite rechnet mit einer steigenden Inflation und damit einem Kaufkraftverlust. 49 % der Österreicher:innen vermuten, dass es zu höheren Preisen bei Produkten aus dem Ausland kommen wird und 36 % meinen, dass es zu einer eingeschränkten Verfügbarkeit von im Ausland produzierten Gütern kommt. Jeweils ein Drittel rechnet auch mit Preissteigerungen von im Inland produzierten Gütern sowie eingeschränkten Reisemöglichkeiten. 27 % befürchten persönlichen Vermögensverlust (in Bezug auf Erspartes, Wertpapiere, Immobilien) und 25 % gehen von steigenden Zinsen aus. Das Risiko den Job zu verlieren, nennen 14 % der Österreicher:innen als mögliche Folge des Ukraine-Krieges.

Ausweitung der Kriegsszenarien auf Westeuropa durchaus realistisch: Neben den wirtschaftlichen Auswirkungen schätzen 42 % der Österreicher:innen das Risiko von Aggressionen bzw. Vergeltungsschlägen auf Ziele in westlichen Ländern eher bis sehr hoch ein, jedoch meinen 46 % dieses Risiko ist eher bis sehr gering und 12 % haben dazu keine Einschätzung. Dass es zu vermehrten Konflikten oder Gewalt zwischen Ukrainer:innen und Russ:innen kommt, die in Österreich leben, wird von der Mehrheit (61 %) als sehr bis eher gering eingestuft.

Die Mehrheit der Österreicher:innen fühlt sich in Bezug auf das eigene Leben sicher:
74 % schätzen das Risiko der Gefährdung ihrer eigenen persönlichen Sicherheit als eher bis sehr gering ein, 14 % eher hoch und 5 % als sehr hoch, 7 % machen dazu keine Angabe. Sorgen in Bezug auf die eigene Sicherheit machen sich lediglich 4 % ständig und 15 % häufig. Der Großteil macht sich nie (18 %) bzw. selten (26 %) Sorgen, 34 % sind manchmal besorgt.

76 % – Mehrheit für Neutralität Österreichs – gespalten, aber mehrheitsfähig die Themen „EU-Armee“ und „Beitritt der Ukraine zur EU“ – keine Zustimmung für NATO-Beitritt

Die Politik betonte in den letzten Tagen, dass Österreich militärisch neutral ist, jedoch eine Meinung haben darf zum Ukraine-Krieg. Dieser Auslegung der Neutralität stimmen auch mehr als zwei Drittel in Österreich zu (68 %), 16 % stimmen eher nicht und 10 % gar nicht. 76 % meinen, dass Österreich jedenfalls auch künftig neutral bleiben soll, während 18 % einen NATO-Beitritt befürworten (6 % machten keine Angabe).

Dem Modell von Lettland, dass lettische Freiwillige in der Ukraine kämpfen dürfen, können rund ein Viertel der Österreicher:innen (24 %) etwas abgewinnen.

Immerhin 43 % der Österreicher:innen meinen, dass es sehr oder eher unwahrscheinlich zu einer militärischen Auseinandersetzung zwischen Russland und der NATO kommen wird, 44 % halten dies für sehr bzw. eher wahrscheinlich, 13 % haben dazu keine Einschätzung. Die Wahrscheinlichkeit des Einsatzes von atomaren Waffen halten 22 % für sehr unwahrscheinlich, 38 % eher unwahrscheinlich, 20 % für eher wahrscheinlich und 6 % für sehr wahrscheinlich (14 % können dies nicht beurteilen).

Der Vorschlag nach einer EU-Armee rückt als Konsequenz dieses Krieges wieder in den Fokus. 48 % der Österreicher:innen würden dies eher oder stark befürworten, während dies 41 eher oder sehr stark ablehnen und 11 % sich dazu nicht äußern.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat einen Antrag für ein beschleunigtes EU-Aufnahmeverfahren unterschrieben. 46 % der Österreicher:innen würden einen EU-Beitritt der Ukraine eher oder stark befürworten während sich 41 % eher oder stark dagegen aussprechen und 13 % dazu keine Meinung abgeben.

Sanktionen gerechtfertigt, jedoch zu wenig wirksam

Der Großteil der europäischen Länder sowie einige Länder anderer Kontinente haben weitreichende Sanktionen gegen Russland, gegen die russische Wirtschaft sowie gegen Einzelpersonen verhängt. Drei Viertel der Österreicher:innen halten die Sanktionen für gerechtfertigt, allerdings meint nur ein Drittel, dass diese Sanktionen geeignet sind, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Den Ausschluss aus dem internationalen SWIFT-System befürworten 62 % der Befragten trotz der möglichen negativen Auswirkungen auf die westliche Wirtschaft. 64 % sind auch eher bzw. stark für die Beschlagnahmung von Vermögenswerten von russischen Oligarchen als Sanktion.

Flüchtlingssituation – Mehrheit für Aufnahme in Österreich und hohe zivile Bereitschaft zu helfen! 30% lehnen die Obergrenze der Aufnahme der Flüchtlinge ab.

Schätzungen zufolge rechnen Experten in den nächsten Wochen mit 4 Millionen Menschen, die aus der Ukraine flüchten. Die Mehrheit – 78 % der Österreicher:innen – spricht sich für die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine aus, zudem geben 30 % der Befragten an, dass sie über einen begrenzten Zeitraum Flüchtlinge bei sich aufnehmen würden. 51 % lehnen dies ab und 19 % äußern sich in diesem Punkt nicht. 16 % der Befragten haben Bekannte aus der Ukraine und 12 % kennen Personen aus Russland.

60 % der Österreicher:innen würden eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen in Österreich eher oder stark befürworten, 31 % lehnen dies eher oder stark ab, der Rest macht dazu keine Angabe.

90 % befürworten die humanitäre Hilfe von Österreich, die in Krisengebieten geleistet wird.

Studiendetails zum Download:

Erhebung: Onlinebefragung von 1000 Österreicher*innen (repräsentativ, internetaffin) im Alter von 18 bis 65 Jahren, Zeitraum: 01. bis 02. März 2022